111 Gründe, sich selbst zu lieben?
Wie im Blogeintrag vom 5. August angekündigt, ist hier nun die Buchbesprechung zu den 111 Gründen der Selbstliebe. Ein zugegeben halbherziger Versuch, völlig vorurteilslos, neutral und sachlich über ein Werk zu rezensieren, mit dessen Autor ich befreundet bin.
Leider stand hier in den letzten Wochen sehr viel zusätzliche Arbeit an und das Lesen abends im Bett, eigentlich ein Vergnügen, geriet zum Kampf um jede Zeile, bevor erst die Augen zufielen und dann das Buch aus meinen Händen fiel und in mein Gesicht schlug. Auf diese Weise kamen pro Abend immer nur einige Seiten zusammen, höchstens ein Kapitel insgesamt.
Wirklich ein Jammer, aber andererseits blieben so immer noch genügend Seiten übrig, auf die ich mich dann am nächsten Abend freuen konnte.
Wie kommt ein Autor auf all diese unglaublichen Texte zu diesem Thema? 111 Gründe, sich selbst zu lieben? Wie geht man an ein solches Thema heran?
Holger Reichard, der Autor des Buches, hat dieses zunächst mit einer Unterteilung in Kapitel getan. Es sind 22 Kapitel, um genau zu sein. Und zu jedem hat er in der Inhaltsangabe des Buches noch eine Begründung extra geschrieben. Ein guter Einstieg also, zunächst das Inhaltsverzeichnis tatsächlich zu lesen – diese Liebe sollte man sich selbst unbedingt antun, denn es lohnt sich wirklich.
Herr Reichard ist ein Freund von treffenden Zitaten, und so ist denn auch das Werk mit Sinnsprüchen gespickt, beispielsweise als Einleitung zu den Kapiteln und natürlich als Tüpfelchen auf dem „i“ am Ende jeder Begründung für die Liebe sich selbst gegenüber. Die Zitierten sind in erster Linie natürlich namhafte Dichter aus allen Epochen, aber – und das macht das Buch noch lesenswerter, weil hierin der ganz besondere Humor des Autors aufblitzt – es wird auch mal ein Werbeslogan oder eine Liedzeile aus einem Popsong genannt.
Ja, und die Gründe an sich, fein säuberlich je auf zwei Seiten des Buches notiert, nebst erwähnten Zitaten, sind diese 11 Gründe eine wahre Achterbahnfahrt für den Leser und immer wieder überraschend. In den Texten steckt zunächst einmal ganz viel Reichard. Wer seine Art zu schreiben bereits kennt, der weiß, was gemeint ist. Viel Autobiografisches wird zudem erwähnt: Zwischen den Zeilen offenbart sich der Mensch, der Ehe-Mann, der Vater, der Reisende, der Fußballer, der Bohemien, der Philosoph, der Musik- und Literaturliebhaber und -Kenner, kurz der Autor selbst.
Aber das wirklich Geniale in den aufgeführten Beschreibungen ist das Wissen, das auf amüsante Art und Weise so ganz nebenbei vermittelt wird. Es ist zu merken, dass der Autor ein unglaubliches Gedächtnis für Geschehnisse hat. Und die wenigen Dinge, die er selbst nicht genau wusste, sorgfältig nachgeschlagen hat. Er nimmt den Leser mit in seine Art, mit der Sprache und den Fakten zu spielen. Es ist wie Rad fahren, Seil springen, Musik hören und Fernsehen schauen auf 22 Kanälen in einer Bibliothek, in der gerade eine Freizeit-Messe stattfindet und gleichzeitig das Jahrestreffen der Freunde englischen Humors tagt.
Was hat der Leser also davon, wenn er dieses Buch liest? Zum einen etliche vergnügliche Stunden, in denen er schmunzelnd einiges darüber erfährt, wie diese Welt so tickt – aus der schrägen semivernünftigen Sicht des Autors, versteht sich. Vielleicht hat man danach auch ein klein wenig Sympathie für sich selber entdeckt – im besten Fall klebt sich der Leser schon während der Lektüre einen Zettel an seinen Spiegel, auf dem getreu der Anweisung in Kapitel 8, Grund 37 geschrieben steht: „Man of the Year“ und nickt seinem Spiegelbild lächelnd zu: „Wer liebt dich, wenn nicht ich?“ (siehe Grund 42).
Hoffnungslose Fälle legen an dieser Stelle das Taschenbuch aus der Hand und fragen sich vermutlich: „Niemand liebt dich, wieso ich?“ Ob religiös, politisch, gesundheitlich oder sexuell gesehen – nach dem Genuss aller Kapitel, hat man Dinge erfahren, über die man so noch nie nachzudenken gewagt hat.
Holger Reichard ist sicherlich kein Egoist, denn anders ist kaum zu verstehen, dass er diese seine Erkenntnisse über Selbstliebe, Egoismus und die Entdeckungsreise zu seinem eigenen Ich mit der Leserschaft teilt. Danke dafür.
Zitat aus Grund 39, Schönheitsoperationen bei Männern sind einfach: Der Körper von Brad Pitt und die Leber von Keith Richards.
Buchtitel: „ 111 Gründe sich selbst zu lieben“
Eine kleine Verbeugung vor der eigenen Großartigkeit.
ISBN:3-89602-891-X
Preis: 9,90 €
Verlag: Schwarzkopf & Schwarzkopf, 276 Seiten
Autor: Holger Reichard