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Bluesnacht in Luxemburg

von fons

Wegen meines ungeregelten Lebens, komme ich erst jetzt dazu, euch von dem bluesigen Samstagabend zu berichten. Nachdem gegen sechs noch ein kräftiges Gewitter losgebrochen war, hatte der Wettergott dann ein Einsehen mit den Bluessisters and brothers und von seiner Seite her stand dann einer guten Stimmung nichts mehr im Wege. Ich war dieses Jahr pünktlich zur Rallyebeginn anwesend, nachdem ich vorher noch kurz zum Bahnhof war, da ich ja nicht wusste ob die Mauzi denn nun wirklich die Reise angetreten hatte oder nicht. Sehr viele Reisende waren da nicht unterwegs, aber mit so einem "blind date" ist das ja so eine Sache, ich hatte mir zwar das HippiequeenBild ausgedruckt, das es mal drüben zu sehen gab, das ja aber leider nicht mehr so ganz rezent ist. Ich konnte aber keine Bluessister entdecken, die irgendwie dazu gepasst hätte, auch nicht mit veränderter Frisur.

In der Altstadt hatte ich dann die Qual der Wahl, kennen tat ich eigentlich keinen der angekündigten Namen, und so gingen wir mit einem befreundeten Ehepaar mal einfach drauf los. Eine französische Gruppe mit natürlich eher unfranzösischen Namen "Scratch my bag" war ganz interessant. Auf einer etwas größeren Bühne hörten wir eine tolle Mojo Queen aus New Orleans, die es fertig brachte, das Publikum ein bisschen in Stimmung zu bringen. Von da aus ging es dann zu der erst kürzlich wunderbar renovierten "Neumünsterabtei", einem GebäudeKomplex in den auch ein altes Gefängnis integriert ist. In einem schönen Innenhof war auf der größten Bühne des Abends die Katja Riemann mit Oktett angesagt. Die Sitzgelegenheiten waren hier anscheinend schon längerer Zeit vor Konzertbeginn alle besetzt. Da der Name Riemann mir auch nicht so direkt was sagte, musste ich mich dann von Pm belehren lassen, dass ich die schöne Frau da mit der schönen Stimme, doch schon in mehreren Filmen gesehen hätte. Gegen elf gab es dann auf einem anderen Platz wieder viel lautere Töne. Ein gewisser "Randy Hansen" trat da als auferstandener weißer Jimmy Hendrix auf. Als ein einziges Energiebündel entlockte er seiner weißen Gitarre schon bizarre Töne, die Seiten mit den Zähnen zupfen, auf dem Bühnengeländer herumturnen und die Gitarre dabei auf dem Rücken halten, alles kein Problem. Mit Liedern wie "Hey Joe" und "Rolling Stone" brachtet er ziemlich alle Zuschauer dazu, sich etwas zu bewegen. Ok, captain Ciri, ich habe versucht mich an deinen Rat zu halten und mich nicht zu heftig hin-und herzuwiegen, wegen der alten Knochen und so.

Pm und den Freunden war es inzwischen zu laut geworden, und sie waren schon an eine andere Station der Rallye gezogen, da sie unbedingt eine Sitzpause einlegen wollten. Nach den letzten JimmyKlängen machte ich mich dann auf die Suche nach ihnen. Ich begegnete auch einer Dixieband und nahm mein Foto von der Mauzi noch eimal hervor, sie hatte ja gesagt, sie würde so einer Band unbedingt hinterherziehen, konnte sie aber nicht entdecken. So wühlte ich mich halt weiter durch die Menge und kam zu den "Imperial Crowns". Klang zwar nicht nach "normalen" Bluestönen, aber trotzdem sehr interessante Balladen, etwas à la Nick Cave, Tom Waits und so. Ich sehe die Namen der Bandmitglieder gerade in der Juliausgabe von dem Magazin "bluesnews". Der Frontman Jimmie Woods ist schon ein interessanter Kerl. Sein Hemd war so durchgeschwitzt, dass er sich entschloss es auszuziehen. Und das war der Moment, wo ich schon etwas verwundert zuschaute, nicht aus lauter Neid auf den muskulösen Oberkörper, sondern weil ich doch einige Verbindungen mit den Foren herstellte. Da hatten wir doch hier im Schiff kürzlich diesen Waschbrettbauchbeitrag, wo der Wortmax sich als Mitglied dieser Gattung outete, und drüben erzählte er, er würde die Mundharmonika toll beherrschen, sollte er es denn wirklich sein? Ok, die Frisur stimmte nicht überein mit der, die ich da auf seinem TCBavatar gesehen habe, aber da gibt es ja Mittel und Wege. Und falls die Mauzi doch dabei war, hatte sie doch bestimmt ihre neue Kamera dabei und hat ein tolles Bild von Holgi on stage gemacht.

Es war schon sehr spät geworden, ich hatte Pm wieder gefunden, begegnete noch dem einen oder anderen Bekannten, hörte noch eine Zeit lang der luxemburgischen Gruppe "Lupo and friends" zu, die schon seit über vier Stunden reges Publikumsinteresse hatten und erst nach drei Uhr die Stecker zogen. Danach schleppten Omi und Opa, sich gegenseitig ziehend, den über zwei km langen Berg aus der Altstadt zum Auto hoch und begaben sich nach Hause.

Wie erwähnt, falls es einem der Captains nächstes Jahr um diese Zeit wie dem guten Schultze gehen sollte und er "gets the blues" Gefühle haben sollte, sagt er mir Bescheid, ich selbst werde, wenn nur irgendwie möglich, wieder dabei sein.

P.s. Zu dem Jimmie Wood lese ich gerade noch eine interessante Aussage in der "bluesnews": "Mit den Imperial Crowns wollen wir den Blues aufmischen und nicht den langweiligen Kram machen, den alle spielen. Wir sind definitiv anders! Wenn es jemanden stört, dass ich Motherfucker oder Pussy sage, dann soll er zu Hause bleiben. Der Blues ist nicht so clean wie man denkt. Wir sind ehrlich und laut - einige Mütter sollten ihren Töchtern vielleicht besser die Ohren zuhalten, wenn wir auf der Bühne sind." Besonders der letzte Satz bringt mich dazu noch einmal die Frage aufzuwerfen, die vor einiger Zeit drüben unbeantwortet blieb: Wieso hörte ein achtjähriges deutsches Mädchen vor, ich schätze mal so etwas über drei Jahrzehnten, den Blues?

fons