von Ed Home
Schulanfang. August 2003.
Der Nachteil vom Leben auf dem Lande ist bekanntermaßen der, dass
nicht alle Gebrauchsgüter in unmittelbarer Nähe käuflich zu erwerben
sind. Nähe bedeutet für uns im Umkreis von ca.15 km. Jedoch hat
unser Dorf etwas, was viele Nachbar-Orte nicht haben. Unser Dorf
hat einen Supermarkt. Der Supermarkt vieles. Nur keine Buchhüllen.
Das ist eher schlecht, wenn Frau und Mutter das dringende Bedürfnis
hat, die neuen Schulbücher der lieben Kleinen für den harten Schulalltag
zu präparieren. Die Alternativen waren in diesem Notfall: Selbstklebefolien-Rollen
vom Edeka oder der lange Weg in die nahegelegene Kleinstadt. In
der Mittagszeit ist dort eh zu. (erwähnte ich schon die Nachteile
des Landlebens?) Und Nachmittags ist dort Wochenmarkt. Was bedeutet,
dass die ohnehin engen Straßen und Gassen mit Autos des aus den
umliegenden Dörfern herbeigeeilten Landvolkes zugesgestellt sind.
Den Stress wollte ich mir nicht antun. Also griff ich mir 3 Rollen
der selbstklebenden Folie, bezahlte unter den teils wissend mitleidigen,
teils hochachtungsvollen Blicken der Anwesenden und begab mich frohen
Mutes nach Hause.
Vorbereitung ist das halbe Kochen, ähh... Einwickeln. Der Tisch
im Esszimmer schien mir für mein Vorhaben bestens geeignet. Die
Rollen mit Folie auf die eine Seite, die zu schützenden Bücher darunter.
Ein Schere zu meiner Rechten.
Nun die Rolle aufwickeln, bzw. der gescheiterte erste Versuch. Erst
muss ein Messer her, um das hartnäckige Etikett aufzuschneiden.
Nun also die Rolle aufwickeln, bzw. der gescheiterte zweite Versuch.
Diese Dinger haben einen solchen Drall, dass sie sich nicht plan
legen lassen. Ich benutze die Bücher und die Schere als Briefbeschwerer...
na also.
Nun also die Rolle aufwickeln, das eine Ende zwischen Bauch und
Tischkante einklemmen, das andere Ende mit einer Hand festhalten,
während die zweite Hand nach der Schere tastet. Ich hätte zuerst
die Bücher drauflegen sollen, denn die Schere ist zu leicht und
die Folie verwandeln sich rollo-artig mit einem leisen ‚plupp’ wieder
zu einer Rolle. Als die Bücher an ihren Platz auf dem oberen Ende
der planen Folie liegen, die sich verzweifelt aber vergeblich mit
aufgerollten Ecken gegen das Gewicht wehrt (die andere Seite ist
im gnadenlosen Griff meiner Bauchmuskulatur), stelle ich fest, dass
der Text der Bedienungsanleitung auf der anderen Seite ist. Seufz.
Nun also hatte ich die Rolle aufgewickelt, den Text gelesen, und
danach versucht anhand des Buches die Lage desselben auf der Folie
zwecks Größe des Zuschnitts zu bestimmen. Es hätte nicht viel gefehlt,
(tatsächlich haben einige wenige Zentimeter gefehlt) und ich hätte
es quer benutzen können. Machen die das mit Absicht zu kurz??
Es wurde geraten, vorerst nur zwei Fingerbreit der abgelösten Klebefläche
am Buch anzupassen. Gut. Sinnigerweise lies sich die Folie wie gewünscht
von ihrem Trägerpapier lösen. Das Buch lag auch parat. Ich näherte
die Folie vorsichtig an das Buch. Ich weiß, dass Klebe-Folie logischerweise
klebt, dass das Zeugs auch magnetisch ist, war mir neu. Ich zerrte
also die beiden Pole von ihrer Position, eine Hand am Buch, die
andere an der Folie und das Knie an der Tischkante, weil auch der
Rest der Rolle an dem Ereignis teilhaben wollte. Endlich hatte ich
das Zeugs wieder vom Buch entfernt, dafür hatte es sich recht innig
mit der trockenen Seite des Trägerpapiers verbunden. Zum Glück lies
sich auch das recht gut und mit roher Gewalt auseinanderziehen.
Mangels anderer zur Verfügung stehenden Flächen klebte die Folie
nun an sich selber, was die Klebeflächen sowie die Anstrengung meinerseits
etwa verdoppelte.
Unter Zuhilfenahme der Ellbogen fixierte ich nun die Folie auf der
Tischfläche mit dem dazwischenliegenden Buch. Hat man erst einmal
die Rückseite beklebt, so ist der Rest ein reines Kinderspiel. Schließlich
hatte ich nun schon Übung, die zusammenklebenden Folienflächen wieder
zu trennen.
Es ist überaus wichtig, die Folie unter gleichmäßigem Glattstreichen
auf das Medium zu bekommen. So führt die eine Hand streichende Bewegungen
auf der bearbeiteten Fläche aus, während die andere Hand ruhig und
mit gleichbleibendem Zug das Trägerpapier unter der Klebefläche
wegzieht. Währendessen sich das Papier wieder in seinen embryonalen
Urzustand begab (es rollt sich auf – Richtung Klebefläche natürlich.
Wo ist die dritte Hand, wenn frau sie mal braucht?) und es auch
den Rest der Rolle danach drängte, musste ich das Buch kurz seinem
Schicksal überlassen, um den entscheidenden Schnitt zu tun und griff
nach der Schere. Auf diesen Moment schien die Rolle nur gewartet
zu haben und ich begann zu argwöhnen, dass Kleberollen mit einem
eigenen Bewusstsein ausgestattet sein müssen.
Letztendlich habe ich drei (!) Bücher eingewickelt. Die paar Luftblasen
und Falten stören wohl kaum die Optik. Und dass sich das Papier
teilweise beim Bekleben von den Büchern gelöst hat (zum Glück auf
der Rückseite) ist sicher nur auf die mindere Qualität des heutigen
Schulmaterials zurückzuführen.
Morgen bekommt der Große seine Bücher. Ich denke, eine Extrafahrt
in die Kleinstadt, um fertige Buch-Hüllen zu kaufen
lässt sich locker einrichten.
Ed Home