Liebe auf den ersten Quak!

von Mauzi

Es war einmal eine kleine Froschfrau, die war sehr traurig. Denn sie fand sich nicht gerade mit Schönheit gesegnet. Missmutig sah sie jeden Tag in ihren Spiegel, den ihr ein netter Freund einst geschenkt hatte und ein ganz besonderer und besonders schöner Spiegel war. Der Rahmen hatte die Form einer Krone, und wenn die Froschfrau hinein sah, hatte sie für ein paar Sekunden das Gefühl, eine Königin zu sein. Doch trösten konnte sie dies nur wenig.

Sie fand sich viel zu fett, viel zu klein, ihre Nase war zu krumm, ihre Ohren viel zu groß, der Mund viel zu breit. Und dann war da noch dieser leichte, nicht zu übersehende Bauchansatz und diese hässlichen grünen Warzen überall. Insgeheim spielte sie schon mit dem Gedanken, sich gewisse Körperpartien operativ verbessern zu lassen. Kurzum: Sie schwelgte geradezu in Selbstmitleid.

Dabei fehlte es ihr gar nicht an Verehrern. Im Frühling wurde sie sogar scharenweise von Froschmännern umworben, die mit schmalzigen Bassstimmen ihr Herz zu erobern versuchten. Doch die mochte sie nicht. Die waren ihr alle viel zu klein und wollten überdies noch Huckepack getragen werden. Das hatte ihr gerade noch gefehlt: dicke Froschmänner kilometerweit auf dem Buckel durch sumpfige Landschaften schleppen, dabei nur das Platschen der eigenen Füße vernehmen und dann, ehe Froschfrau sich versieht, einen Haufen quackender Plagen am Hals. Und der werte Herr Froschmann? Der hat sich sich in null-komma-nix aus dem Sumpfe gemacht.

Die kleine Froschfrau beschloss, einen Ausflug zu unternehmen, um sich von ihren trübseligen Gedanken abzulenken. Noch ein letzter prüfender Blick in den zauberhaften Spiegel. Dann begab sie sich auf den Weg zu ihrem Lieblingstümpel. Dort angekommen, machte sie es sich auf einem Seerosenblatt am Rande des Gewässers bequem. Die Sonne hüllte sie in gleißendes Licht.

Pötzlich fiel jedoch ein Schatten auf sie. Die Froschfrau erschrak. Allerdings dauerte es nur einen Augenblick, bis ihr Schrecken einer hingebungsvollen Bewunderung wich. Was für eine stattliche Erscheinung, die da vor ihr stand! Sie war hingerissen. Großgewachsen war er, rank und schlank, und dann diese elegante und doch zweckmäßige Kleidung! Und diese Art, wie er seine langen, schlanken Beine übereinander schlug. Die Froschfrau war schwer beeindruckt.

Sie begannen ein Gespräch, erzählten über das Wetter, das auch schon mal besser gewesen war, und von diesem und jenem. Dabei stellte sie fest, dass er ein äußerst charmanter Plauderer war. Schnell kamen sie sich näher und näher und näher... und nicht nur mit ihren Worten.

Die Begeisterung der Froschfrau für ihren Gesprächspartner wuchs und wuchs. Und als dieser auch noch von ihren wundervollen, goldgelben Augen - mit den kleinen braunen Sprenkelchen darin - schwärmte, begann ihr kleines Herzchen Purzelbäume zu schlagen.

Ja, und dann passierte es: Er wollte sie wirklich nur küssen. Einfach nur leidenschaftlich küssen und ihr seine eben erst entflammte Liebe beweisen, da überkamen ihn urplötzlich seine Urinstinkte, und er fraß sie auf! Der Storch fraß die kleine Froschfrau einfach auf!

Die Froschfrau lebte also nicht glücklich bis an ihr Lebensende. Und der Storch? Ja, der Storch quakt bis heute die Moral von der Geschicht, wie sie auch überall geschrieben steht, dass wahre Liebe durch den Magen geht.

Mauzi