von Sandzahn, Goldmann & Fleder-Ed
Sobald ich herausgefunden habe, wie man da beitreten kann, bin ich dabei:
Das sprichwörtliche "Gold der Morgenstund" hatte für Günter Woog
nie sonderlich viel Glanz. Meist verschlief er sie ohnehin. Zwangen
ihn trotzdem mal Lehrer, Professoren oder später Kunden zum Frühstart,
gerieten Morgenstunden oft genug zum Fiasko. Heute passiert ihm das
kaum noch. Denn der Volkswirt und freiberufliche Grafiker ist inzwischen
konsequenter Spätaufsteher. Zusammen mit bundesweit rund 120 anderen
Gleichgesinnten bekennt er sich selbstbewusst zum Langschläfertum
- und fordert von Menschen mit "normalem Biorhythmus" endlich mehr
Toleranz. Längst organisiert ein Verein den Kreuzzug wider das "Faulenzer"-Image.
Demnächst will die Langschläfer-Lobby ihr Problem sogar zum Thema
eines Wissenschafts-Kongresses machen. Vielen, die sich in "Delta
T", dem "Verein für Zweitnormalität" in Dreieich (Kreis Offenbach)
zusammengeschlossen haben, hätten es satt, als "faul", "motivationsschwach"
oder gar "asozial" abgestempelt zu werden, nur weil ihre innere Uhr
anders ticke als die der meisten Menschen, berichtet Woog, der den
Verein seit Anfang an leitet. Von den Leiden der Langschläfer machten
sich viele kaum ein Bild. Mit Klassenbucheinträgen in der Schule wegen
häufiger Verspätungen fange es an, mit Frotzeleien der Kollegen gehe
es später weiter, und nicht selten scheiterten Karrieren von Langschläfern
daran, dass frühaufstehende Chefs ihren Lebensrhythmus "fehl interpretierten",
wie Woog berichtet. Einsatz im richtigen Zeitkorridor Dabei seien
Leute mit anderem Schlafverhalten als das Gros der Menschen mindestens
so motiviert und leistungsfähig wie ihre "zeitnormalen Kollegen" -
wenn sie nur im richtigen Zeitkorridor eingesetzt würden, gibt der
Verein "Delta T" (Zeit-Differenz) zu bedenken. Woog und seine Mitstreiter,
zu denen Pfarrer, Juristen und Professoren genauso gehören wie Lehrer,
Altenpfleger und Straßenbahnfahrer, kämpfen deshalb energisch für
flexiblere Arbeitszeiten. Einige meldeten bereits erste Erfolge: Sie
hätten bei ihren Chefs zumindest die Verschiebung ihrer Arbeitszeit
um ein bis zwei Stunden erreichen können. Woog: "Das kann schon enorm
viel ausmachen." Schmerzvolle Erinnerungen an die Schulzeit Ein Dorn
im Auge ist dem Langschläfer-Verein auch zunehmend der frühe Beginn
in deutschen Schulen. Noch zu gut seien vielen Mitgliedern des Zirkels
die eigenen schmerzvollen Erfahrungen in Erinnerung. Woog: "Ich kam
so oft zu spät, dass mir das am Ende so peinlich war, dass ich gleich
den Rest des Tages schwänzte. Klar, dass ich da bei vielen Lehrer
schnell unten durch war", erinnert sich der Grafiker mit zwei akademischen
Abschlüssen. Mut machen den Langschläfern, die von sich lieber als
"Zweitnormalen" sprechen, Erkenntnisse aus den USA. An der Brown University
of Medicine in Providence/Rhode Island untersuchten Wissenschaftler
derzeit die Auswirkungen eines späteren Schulbeginns auf die Leistungsfähigkeit
der Schüler. Im Vordergrund der Vereinsarbeit steht aber vor allem
eins: "Wir wollen Leute mit ungewöhnlichem Schlaf-/Wach-Rhythmus mit
mehr Selbstbewusstsein ausstatten". Das leistet der Vorstand immer
wieder bei Anrufen. Manchmal müsse er regelrecht Seelsorge betreiben,
sagt Woog. Sind es nicht Probleme mit Kollegen oder Vorgesetzten,
dann klagten Langschläfer über Ärger mit Partnern. "Unlängst rief
mich eine junge Frau an, die klagte, dass sie ihr Freund selbst im
Urlaub zum Frühaufstehen zwingen wollte - da ist ihr der Kragen geplatzt",
berichtet der Vereins-Chef. Kein "anerzogenes schlechtes Gewissen"
mehr Ein "anerzogenes schlechtes Gewissen" wie manch anderen Langschläfer
plagt Vereinsmitglied und Kabarettist Dietrich Kittner schon lange
nicht mehr. Früher habe er noch in seinem kleinen österreichischen
Wohnort morgens die Rollläden hochgezogen, um nicht zum Gespött der
Leute zu werden. Heute schert ihn das nicht mehr. Dabei verweist er
auch auf sein Job, der von ihm zu einem Zeitpunkt höchste Konzentration
abverlangt, wo sich andere bereits müde zurücklehnen. Inzwischen behalte
er den Rhythmus selbst an Urlaubstagen bei, bekennt Kittner in einem
Beitrag für das Vereinsblatt von "Delta T". Dass da Macher von Frühstücksfernseh-
Sendungen keine Chance bei ihm haben, liegt auf der Hand. Schließlich
wolle er übel gelaunten Zuschauern nicht auch noch einen mies gelaunten
Studiogast zumuten. Von Klaus Tscharnke, dpa
Gefunden von Sandmann
Flederhamstermann
So sehe ich das Ganze:
Sandiger Fledermann
um
4.00 Uhr morgens.
Ed